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Umstrittene Ausstellung startet
Mannheimer Morgen, 22.9.2011
Bereits vor Eröffnung gibt es Kritik an VHS-Schau "Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948"

Presseerklärung zu Kritik an der Nakba-Ausstellung, Palästina/Nahost-Initiative HD,  22.9.2011

Eine einseitige oder doch eine unterdrückte Sichtweise
Kritik und Proteste gegen VHS-Ausstellung über Palästinenser
RNZ, 24.9.2011

Brief an Redaktion und Autor des RNZ-Berichts, 25.9.2011

Flyer einiger "Mitglieder der VVN" gegen die Ausstellung

Sittenwächter des Tages

 


Presse, Reaktionen etc. zur Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“


Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg
Presseerklärung zu Kritik an der Nakba-Ausstellung in der VHS Heidelberg
Heidelberg, 22.9.2011

Vom 23.9. bis 21.10 zeigt die Volkshochschule in Zusammenarbeit mit der „Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg“ die Wanderausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“. In einem tendenziösen Artikel des Mannheimer Morgens von heute erheben Vertreter der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg und der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg Vorwürfe gegen die Ausstellung, die wir nicht unwidersprochen lassen wollen.

Es ist nicht verwunderlich, dass Personen, die sich nur Israel verbunden fühlen, eine andere Sicht auf die Gründungsgeschichte Israels haben als die Ausstellung. Das macht sie keineswegs „zweifelhaft“, wie der Rabbiner der jüdischen Gemeinde, Janusz Pawelczyk-Kissin, urteilt, ohne sie selbst gesehen zu haben. Sie ist ein Beitrag zur Diskussion und zum besseren Verständnis der Sicht der Palästinenser. Wir weisen insbesondere die üble Unterstellung von Herrn Pawelczyk-Kissin zurück, mit dem Begriff „Nakba“ würde eine Gleichsetzung der Vertreibung der Palästinenser und dem „Massenmord an den Juden durch die Nationalsozialisten“ betrieben.

Auch die Kritik von Professor Johannes Heil zeigt nur eine andere Parteilichkeit. Mit dem Vorwurf, die arabischen Staaten hätten zu wenig getan, um die Flüchtlinge zu integrieren, versucht Israel schon lange von der eigenen völkerrechtlichen Verpflichtung abzulenken, diesen die Rückkehr zu ermöglichen oder ihnen eine angemessen Entschädigung anzubieten. Den Vorwurf, die Ausstellung habe „erhebliche handwerkliche Fehler“, müsste Prof. Heil noch belegen.

Bedauerlich ist, dass Herr Pawelczyk-Kissin und Herr Heil ihre Kritik nicht im Rahmen der Podiumsdiskussion einbringen werden. Den Vorwurf, wir hätten die Diskussion mit Absicht auf den Vorabend des jüdischen Neujahrsfests gelegt, weisen wir zurück. Als die Einladung an die jüdische Gemeinde und die jüdische Hochschule erging, waren durchaus auch noch alternative Termine in der Volkshochschule reserviert. Ein kurzer Hinweis auf den Feiertag hätte genügt. Die jüdische Hochschule hat uns aber erst vor wenigen Tagen geantwortet, als das Programm schon im Druck war. Die jüdische Gemeinde hat früher abgesagt, ohne Begründung und ohne Verweis auf den Feiertag. Der jüdische Verleger Abraham Melzer wiederum, der an der Podiumsdiskussion teilnehmen wird, hatte an dem Termin nichts zu beanstanden.

Die Veranstaltung mit Rolf Verleger wurde im Einverständnis mit ihm auf den 20. Oktober, den Vorabend des Festes „Tag der Thorafreude“, gelegt. Der Beginn wurde so gewählt, dass ihm und anderen der Besuch der Synagoge vorher möglich ist.

Es geht bei der Ausstellung generell nicht um Religion und auch nicht um Judentum, sondern um geschichtliche Ereignisse rund um die Gründung des Staates Israels. Der Vorwurf, es wäre uns bei den Diskussionsangeboten nicht um „Ausgleich, sondern um Zuspitzung, ja um gezielte Entwürdigung der jüdischen Seite“ gegangen, ist daher absurd.

Wir werden uns weiter um ein öffentliches Gespräch bemühen. Wir sind für alle Terminvorschläge von Seiten der Jüdischen Kultusgemeinde und der Hochschule für Jüdische Studien oder anderer Interessenten offen. Die Ausstellung ist noch bis 12. November in Heidelberg zu sehen, ab 23. Oktober in den Räumen des Palmyra-Verlags.


Brief an Redaktion und Autor des RNZ-Berichts über die Ausstellung ("Eine einseitige oder doch eine unterdrückte Sichtweise" vom 24.9.2011)

Heidelberg, 25.9.2011

Sehr geehrter Herr Hörnle, sehr geehrte Redaktion,

Ihr Bericht über die Nakba-Ausstellung zeichnet sich diesmal – im Gegensatz zum sachlichen Artikel vom Mai 2008, als diese in Wiesloch gastierte – durch starke Unausgewogenheit aus. Den Vorwürfen einiger VVN-Mitgliedern, die ihren Unmut über den Beschluss des Ortsverbandes, die Ausstellung zu unterstützen, auf Handzetteln heraus ließen, wurde breiten Raum eingeräumt, die angegriffenen Veranstalter jedoch nicht einmal zu den Vorwürfen befragt.
Dabei hätte ein Blick auf das Begleitprogramm genügt, um zu sehen, dass die Dissidenten es nicht richtig gelesen haben. An keiner Stelle steht, dass „Kritik an Israel Tabu“ sei. Tatsächlich ist die Rede davon, dass das Thema „Nakba“, d.h. die Vertreibung der Palästinenser 1948, in Israel Tabu ist und die Ausstellung hierzulande z.T. sehr heftige Kritik ausgesetzt war. Diese kommt insbesondere von den jüdischen Gemeinden. Es war daher als Entgegenkommen der Veranstalter gedacht, ein Gesprächsangebot ins Begleitprogramm aufzunehmen.

Dass die Podiumsdiskussion nächsten Mittwoch aus Versehen auf den Vorabend eines jüdischen Feiertages gelegt wurde, ist bedauerlich. Die Vhs hatte allerdings zwei Ausweichtermine reserviert. Hätte die jüdische Hochschule nicht erst 10 Tage vor Ausstellungsbeginn auf unsere Einladung geantwortet, so hätten wir die Diskussion problemlos einen Tag vorverlegen können.
Wie Prof. Heil die jüdischen Feiertage verbringen möchte, ist selbstverständlich seine Sache. Er sollte aber tolerieren, wenn andere Juden damit anders umgehen. Der jüdische Verleger Abraham Melzer wird zur Podiumsdiskussion kommen und u.a. auch dazu Stellung beziehen. Rolf Verleger, ehemaliges Mitglied des Zentralrats der Juden, hat den Termin für die Veranstaltung mit ihm selbst vorgeschlagen. Da die Veranstalter dies schon im Vorfeld in einer Presseerklärung erläutert hatten, ist es mehr als unredlich, den Artikel ohne dies zu erwähnen, mit Herrn Heils Vorwurfs eines „Affronts“ gegen Juden enden zu lassen.

Auch der Vorwurf Heils, die Palästina-/Nahost-Initiative rufe zum Boykott israelischer Waren auf, wird ohne zu hinterfragen wiedergegeben. Tatsächlich beziehen sich deren Aufrufe, wie leicht auf ihrer Homepage nachzusehen ist, allein gegen Waren aus den illegalen Siedlungen im besetzten Westjordanland.

Der Vorwurf, in der auf 14 Tafeln beschränkten Ausstellung fehle dies und jenes, ist billig. Die von Prof. Heil geäußerte Kritik, wie z.B. die seiner Ansicht nach fehlender Berücksichtigung, des mit den Nazis sympathisierenden Großmuftis von Jerusalem, zeugt zudem nicht von großer Sachkenntnis. Belege dafür, wie bescheiden der Einfluss des Großmuftis auf die Palästinenser damals war, kann man schon bei Wikipedia finden. Und Herr Heil wird ja hoffentlich nicht aus der partiellen Zusammenarbeit einiger palästinensischer Führer mit dem Feind ihres Feindes irgend eine Rechtfertigung für die Vertreibung von über 80% Prozent der damaligen Bevölkerung und die Zerstörung ihrer Dörfer ableiten wollen.

Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Guilliard,
Palästina-/Nahost-Initiative

P.S.: Interessant für Sie könnte sein, wie andere Zeitungen berichteten:

z.B. am 28. April 2011 die Neue Zürcher Zeitung "Unerwünschte Palästina-Ausstellung - Systematische Diskreditierung durch jüdisch-deutsche Interessengruppen"

Oder als Beispiel für sachliche und ausgewogene Berichterstattung der Aachener Nachrichten über die Kontroverse in Aachen, sowohl deren Seite vom 3.Mai 2011 als auch der Bericht zur Ausstellungs-Eröffnung in Aachen oder der Besuch zweier holländischer Rabbiner.


Sittenwächter des Tages

Für ein paar Heidelberger Mitglieder der VVN/BdA, herrschte am Freitag höchste Alarmstufe. Es galt, sich öffentlich von einem unerhörten Vorfall zu distanzieren. Mit „nicht in unserem Namen“ protestierten sie entschieden gegen die Entscheidung des örtlichen Verbandes, eine Ausstellung in der Volkshochschule Heidelberg zu unterstützen, die einen hierzulande kaum beachteten Aspekt der Staatsgründung Israels beleuchtet: die von arabischer Seite als „Nakba“ (Katastrophe) bezeichnete Flucht und Vertreibung des größten Teils der Palästinenser 1948.

Vor allem eine Podiumsdiskussion über die Ausstellung schrie nach öffentlicher Empörung. In deren Ankündigung werde suggeriert, so heißt es auf den verteilten Zetteln, in Deutschland sei Kritik an Israel ein Tabu. Absolut unerträglich sei, dass zur Diskussion über die Ausstellung und über „Notwendigkeit und Grenzen der Kritik an Israel“ die jüdische Gemeinde als „Spezialistin“ eingeladen wurde.

In ihrem Zorn hatten die wackeren Empörten jedoch nicht richtig gelesen: In der Ankündigung steht nur, dass das Thema „Nakba“ in Israel Tabu ist und die Ausstellung auch in Deutschland z.T. heftiger Kritik ausgesetzt wird – insbesondere von den jüdischen Gemeinden.

Die rechtslastige örtliche Zeitung bedankte sich natürlich und nahm diese Vorlage in ihre Breitseite gegen die Ausstellung auf. (JG)